© 2004-2024 Auktionshaus Kaupp GmbH   Impressum   Datenschutzerklärung E-Mail            Telefon +49 (0) 76 34 / 50 38 0

Carl Spitzweg

05.02.1808 – 23.09.1885

Carl Spitzweg wurde am 5. Februar 1808 in Unterpfaffenhofen geboren.
Der studierte Apotheker entdeckte schon früh sein Talent zu Zeichnen und seine Affinität zur Kunst. Spitzweg reiste viel in seinem Leben und ließ die auf seinen Reisen gewonnen Impressionen in seine Arbeiten einfließen. Bereits kurz nach seinem Abschluss in Pharmazie 1832 bereiste er Italien. Vor allem in Florenz, Rom und Neapel entdeckte er zahlreiche bedeutende Werke der abendländischen Kultur, welche nicht ohne Eindruck auf ihn blieben.

Seine Erkrankung an der roten Ruhr im Jahr 1833 festigt seinen Entschluss, seine Arbeit als Apotheker aufzugeben und sich nun vielmehr ausschließlich der Malerei zu verschreiben. Im Juni 1835 wurde er Mitglied des Münchner Kunstvereins und reiste im selben Jahr zusammen mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich d.Ä. nach Südtirol.
1839 vollendet er das erste Bild mit dem Motiv «Der arme Poet»; die Arbeiten dieser Motivgruppe werden später zu seinen bekanntesten Werken gerechnet – zu diesem Zeitpunkt wird das Gemälde allerdings von der Jury des Münchner Kunstvereins nicht angenommen.

Für sein zeichnerisches Werk bedeutsam zählt seine um 1844 beginnende Beteiligung mit eigenen Illustrationen an der Münchner Zeitschrift «Fliegende Blätter». Seine Besuche der Industrieausstellung in Paris und der Weltausstellung in London im Jahr 1851 bringen ihn zum ersten Mal in Kontakt mit orientalischen Szenen, welche er nun ebenfalls in sein Werk mit einfließen lässt.
Dem verdienten Maler Spitzweg kommen in seiner zweiten Lebenshälfte viele Ehren zuteil: 1865 wird ihm der Bayerische Michaelsorden verliehen und 1875 wird er sogar zum Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste ernannt.
Am 23. September 1885 stirbt Carl Spitzweg und wird auf dem Münchner Südfriedhof beigesetzt.

Er hinterlässt ein Werk, das den Bürgern gewidmet ist, sich in seinem Format den Stuben anpasst und mit feinem und pointiertem, aber niemals bösartigem Humor das bürgerliche Leben seiner Zeit porträtiert.


Lit: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Verzeichnis der Werke, Gemälde und Aquarelle, Belser Verlag, Stuttgart 2002.

Werke von Carl Spitzweg bei Auktionen von KAUPP

Treffer: 49/58 zurück Navigation left | Übersicht Navigation top | weiter Navigation right | Empfehlen email 

2041
Herbstauktion 29.11.–01.12.2007
Spitzweg, Carl
1808 München - 1885 ebd.
Öl/Karton/Lw. «Tschibuk rauchender Orientale auf einem Diwan». Interieurszene mit einem orientalisch gewandeten Herrn mit langem dunklem Bart und weißem Turban mit rotem Abschluss, die Augen geschlossen haltend und genüsslich Wasserpfeife rauchend. U.r. sign. und 1856 dat. H. 28,5, B. 23 cm. Schöner Prunkrahmen mit reliefiertem Floraldekor (min. best.).
Zu diesem Werk liegt eine Dokumentation des Spitzweg-Experten Prof. Dr. Siegfried Wichmann vor. Er hält es für eines der bedeutensten Orientbilder Spitzwegs, welches dieser nicht verkaufte, sondern in seinem Atelier am Heumarkt 30 Jahre seinen Freunden vorzeigte. (Vergl. Bayrische Staatsbibliothek München Inv. Nr. Ana 656 S.W.3)
«Das Bildnis eines sitzenden Orientalen, der den Tschibuk raucht, war für Spitzweg ein geniales und wesentliches Bild. Immer dann, wenn der Maler seine Bilder selbst hoch einschätzte, signierte er das Gemälde mit dem vollen Namen, wie wir hier bei diesem Bild unten rechts feststellen können. Demnach war das Gemälde lange im Besitz der Familie Spitzweg. Der Maler selbst hat es selbst hoch eingeschätzt. Er hat es, wie gesagt, voll gezeichnet und auch datiert mit 1856. Dieses Jahr war für ihn ein wesentliches Reisejahr, denn er fuhr über Dresden und Leipzig nach Berlin, und er sah sowohl in den sächsischen Metropolen Gemälde der französischen Maler, insbesondere von Delacroix, und ebenfalls auch in Berlin.

Zunächst war das Thema des orientalischen Tschibuk-Rauchers angeregt worden durch die Industrieausstellung in Paris 1851 und durch die Weltausstellung im gleichen Jahr in London. Dort hatte Spitzweg zahlreiche Zeichnungen nach den Orientalen angefertigt, wie sie im Basar sitzen und rauchen, Standmotive im großen Kaftan mit den malerischen Kopfbedeckungen. Spitzweg hat das Leben aus 1001 Nacht in einer Fülle von Skizzen festgehalten, die ihn selbstverständlich weiter interessierten, denn die Zeit war dem Vorderen Orient verpflichtet. (...) Carl Spitzweg beginnt aufgrund der Eindrücke im Orient, vor allem der 50er Jahre, einen ‹Fast-nichts-Stil› zu entwickeln, d.h. die geringsten Andeutungen des Erdbodens und der Luft werden zum Thema erhoben. Damit setzt eine Durchdringung der atmosphärischen Gegebenheiten und der festen Massen im Naturraum ein. Die Bilder werden merkwürdig durchsichtig, da Spitzweg den Darstellungswert der Farbe behutsam und übersichtlich in seine Malerei übernimmt. Vom Kompositorischen her gesehen wird nun durch die horizontale Staffelung heller und dunkler Töne räumliche Weite im muslimischen Innenraum erreicht.
In der Auffassung der breitgefächerten Malweise liegt eine Dramatik der Spannweite, die in verharrender Stille zu finden ist. Der orientalische Handelsmann raucht genussvoll seine Wasserpfeife. Spitzweg schildert die Situation in breitflächiger Malweise, wobei der Grund des Bildträgers durchleuchtet. Im Gegensatz zu den hellen Lichtern wird das schattige Dunkel betont. Die zuckenden Lichter treten dem tiefen farbigen Schattendunkel gegenüber. Die von links her komponierte Beleuchtung des Raumes bestimmt die Anteilnahme des Betrachters. Spitzweg wird durch den Parisaufenthalt 1851 und dem Treffen mit den französischen Orientmalern zu dem bedeutensten europäischen Künstler seiner Zeit.
Nunmehr wird auch der geringste Vorwurf für Spitzweg interessant. Je einfacher der Gegenstand ist, umso vollendeter kann er ihn fassen. Der Maler versteht es, die Dinge im Raum des Orientalen zu reduzieren, aber er vermag die Mannigfaltigkeit der Erscheinung dennoch hervorzuheben. Wie selbstleuchtend werden die einzelnen Gegenstände aus dem Dunkel heraus modelliert, wobei der präzise formale Umriss der Zeichnung erhalten bleibt. Das helle Freilicht steht gegen die finsteren Schatten, es ist eine Reminiszenz des Beleuchtungslichtes. (...)
Spitzweg beginnt in der zweiten Hälfte der 50er Jahre die Farben auf Blau hin abzustimmen, vor allem in den Orientbildern wählt er vorzügliche Blauwerte; der Kaftan ist für ihn stets ein farbiger Fleck, der in der kühlen Tönung zum Braun der Umgebung steht. Auch der Intensitätswert der Farbe wird immer wieder bemüht, so das sandfarbene Untergewand des Türken, das unter dem Kaftan hervorschaut. (...) Spitzweg bemüht sich auch um einen ausgewogenen Vordergrund. Die Lichter sind präzise gesetzt, die Schattenwerte sind keine absoluten Dunkelwerte mehr, sondern Farbwerte.»
Lit.: Ausst.-Kat., Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Reisen und Wandern in Europa und der Glückliche Winkel, Stuttgart 2002, S. 124 - 125, Abb. 55.
WVZ: Wichmann 407, S. 235.

 

Limit: 130000,- EUR