Carl Spitzweg
05.02.1808 – 23.09.1885
Carl Spitzweg wurde am 5. Februar 1808 in Unterpfaffenhofen geboren.
Der studierte Apotheker entdeckte schon früh sein Talent zu Zeichnen und seine Affinität zur Kunst. Spitzweg reiste viel in seinem Leben und ließ die auf seinen Reisen gewonnen Impressionen in seine Arbeiten einfließen. Bereits kurz nach seinem Abschluss in Pharmazie 1832 bereiste er Italien. Vor allem in Florenz, Rom und Neapel entdeckte er zahlreiche bedeutende Werke der abendländischen Kultur, welche nicht ohne Eindruck auf ihn blieben.
Seine Erkrankung an der roten Ruhr im Jahr 1833 festigt seinen Entschluss, seine Arbeit als Apotheker aufzugeben und sich nun vielmehr ausschließlich der Malerei zu verschreiben. Im Juni 1835 wurde er Mitglied des Münchner Kunstvereins und reiste im selben Jahr zusammen mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich d.Ä. nach Südtirol.
1839 vollendet er das erste Bild mit dem Motiv «Der arme Poet»; die Arbeiten dieser Motivgruppe werden später zu seinen bekanntesten Werken gerechnet – zu diesem Zeitpunkt wird das Gemälde allerdings von der Jury des Münchner Kunstvereins nicht angenommen.
Für sein zeichnerisches Werk bedeutsam zählt seine um 1844 beginnende Beteiligung mit eigenen Illustrationen an der Münchner Zeitschrift «Fliegende Blätter». Seine Besuche der Industrieausstellung in Paris und der Weltausstellung in London im Jahr 1851 bringen ihn zum ersten Mal in Kontakt mit orientalischen Szenen, welche er nun ebenfalls in sein Werk mit einfließen lässt.
Dem verdienten Maler Spitzweg kommen in seiner zweiten Lebenshälfte viele Ehren zuteil: 1865 wird ihm der Bayerische Michaelsorden verliehen und 1875 wird er sogar zum Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste ernannt.
Am 23. September 1885 stirbt Carl Spitzweg und wird auf dem Münchner Südfriedhof beigesetzt.
Er hinterlässt ein Werk, das den Bürgern gewidmet ist, sich in seinem Format den Stuben anpasst und mit feinem und pointiertem, aber niemals bösartigem Humor das bürgerliche Leben seiner Zeit porträtiert.
Lit: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Verzeichnis der Werke, Gemälde und Aquarelle, Belser Verlag, Stuttgart 2002.
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Herbstauktionen 26.–28.11.2009
Spitzweg, Carl
1808 München - 1885 ebd.
Öl/Lw., doubl. «Auf der Bastei». Das Querformat in Form eines gedehnten Rechtecks zeigt links den Kanonier stehend. Er gähnt und legt seine Arme auf das Gewehr. Vor ihm die Festungsanlage, deren einzelne Quader deutlich erkennbar sind. Nach der Mitte die Festungskanone, auf der ein Vogel sitzt. Rechts hinter der Mauer hängende Wäsche, nach unten Ausblick zu einer Pappelallee und weiter Blick über das Land. Zart bewölkter Himmel. Spitzweg greift in dem Bild auf den Malstil der 1840er Jahre zurück, der die Innenflächen der dargestellten Objekte scharf begrenzt. Die Mauerquader sind in den bestehenden Gruppierungen dennoch einzeln gesehen, ebenso das Weinlaub, das in den frühen 1840er Jahren in Skizzen und Studien nachgewiesen werden kann. Die Längung des Wachsoldaten ist typisch für die Zeit. Spitzweg hat zahlreiche Entwürfe zum Thema erstellt und setzte sich über einen Zeitraum von zehn Jahren mit dem Thema immer wieder auseinander. U.l. mit S im Rhombus sign. H. 21,2,
Prof. Dr. Wichmann datiert das Gemälde in die Zeit um 1856 - 1860.
Expertisen: Prof. Dr. Hermann Uhde-Bernays, Starnberg, 31.10.1958, Prof. Dr. Ernst Buchner, München-Pasing, 08.11.1958, Günther Roennefahrt, Berlin, 10.09.1959.
Dokumentation: Prof. Dr. Siegfried Wichmann, 10.07.1990.
«Die Darstellung des Soldaten, der gähnt und sich auf sein Gewehr stützt, hat Spitzweg in vielen Variationen frontal und im Profil gekennzeichnet. Das Gemälde «Auf der Bastei» zeigt deutlich, wie Spitzweg sich mit dem atmosphärischen Himmel auseinandersetzt. Spitzweg ist schon der Meister, der die verschiedenen atmosphärischen Voraussetzungen kennt. Auffällig sind auch die feine Behandlung des Bewuchses und die genaue Zeichnung der Festungsanlage.
Der Typus des Sonderlings ist nicht nur im Werk Spitzwegs fassbar, sondern ganz allgemein in der europäischen Malerei. Der Typus des Festungssoldaten wird im Werk Carl Spitzwegs jedoch eine Wegstrecke ein zentrales Anliegen. Aufschlussreich ist, dass Spitzweg den idyllischen Sonderling hervorhebt, dessen Leben sich fern vom Lärm der Welt abspielt in einem engen und ruhigen Kreis. Zumeist ist es eine poetische Umwelt, ein blauer Himmel mit leichtem Gewölk, der über einer satten und grünen Erde steht. Die Bastionen sind oft im warmen Sonnenlicht geschildert, und es kann vorkommen, dass der «Frieden im Lande» sich so gefestigt hat, dass Spatzen im Kanonenrohr brüten. Der Soldat gähnt, was eigentlich nicht gestattet ist, jedoch gähnt er militärisch markant bis unter die Halsbinde herab.»
Die vorliegende Fassung ist die einzige, auf der das Profil des Soldaten porträtartig erfasst ist, während es auf anderen Bildern des gleichen Motivs nur skizziert ist.
Provenienz: Privatsammlung.
Ausstellung: Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. München, Haus der Kunst, 1985, Nr. 401.
Literatur: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, München 1990, Nr. 33, Siegfried Wichmann, Friede im Lande - Auf der Bastei. Dokumentation, Starnberg-München, R.f.v.u.a.K. 1990, S. 5ff, Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg und die französischen Zeichner, Ausst.-Kat., Herrsching 1985, Nr. 401.
Werkverzeichnis: Wichmann 991, Roennefahrt 790.