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2466
Spitzweg, Carl
1808 München - 1885 ebd.
Öl/Papier/Lw./Holz. «Vor der Moschee». Vor dem Tor der Moschee wartende Menschenmenge in orientalischen Gewändern. Unsign. H. 31,
Zu diesem Werk liegt eine aktuelle Dokumentations-Expertise des Spitzweg-Gutachters Prof. Dr. Siegfried Wichmann vor, in der er das Werk auf die Zeit um 1851 datiert. Ferner schreibt er:
«Das künstlerische Werk von Carl Spitzweg ist erfüllt von türkischen Kaffeehaus-Besuchern, Basaren, alten Muslimen, orientalischen Straßenzügen, tschibukrauchenden Orientalen, Harems-Verkäufern und Teppichhändlern. Der Maler hatte für die ‹Fliegenden Blätter› zahlreiche Illustrationen von orientalischen Figuren entworfen und er interessierte sich sowohl in Venedig aber auch in Alexandrien für die islamische Welt. [...]
Carl Spitzweg hatte auf der Industrieausstellung 1851 in Paris viele Orientgemälde gesehen, die ihn anregten, gleiche Themen zu bearbeiten. Vor allem war es der berühmte Orientmaler A. Gabriel Decamps, 1803 - 1860, ein Davidschüler, zunächst auch als Lithograf tätig. Als guter Zeichner reist er nach Kleinasien und lebte ein Jahr in Konstantinopel und an der kleinasiatischen Küste, er wurde dort der Entdecker des Orients, er verkündete als Erster das ‹Märchenland›, wie er es nannte.
Die sonnendurchglühte Atmosphäre und das geheimnisvolle Spiel des Freilichtes, das Hell-Dunkel führte ihn zu einer fast magischen Palette der Farben, - die Spitzweg in Paris und später auf der Weltausstellung 1851 in London beherrschte. Carl Spitzweg, der Paris zum ersten Male sah und die Weltausstellung in London eindrucksvoll erlebte, begann im Sinne von Decamps Kompositionen mit Orientthemen zu fertigen. [...]
Das neue Thema, die in die Zukunft weisende Maltechnik, beeinflusste Spitzweg, [...]. Der Entschluss Spitzwegs, die Orientmalerei in Paris und London auf der Industrie- und Weltausstellung zu studieren, veranlasste ihn, einen bewegten, fast pastosen Malstil in seine ersten Studien des Orients einzubringen. Er konnte sowohl in Paris die orientalischen Gewänder auf den Straßen bewundern und wenig später in London die orientalischen Bauten betrachten, die um das Weltausstellungsgebäude errichtet waren.
Über das optische Erlebnis hinaus erlebt er die gesteigerte, auf das typische der Alltagswelt des Orients neu entdeckte Stimmung. [...] Der Farbauftrag innerhalb der Orientmalerei Spitzwegs ist fließend und lasierend zugleich und in der Zeichnung sehr genau.»
Das Bild ist eines der eigenwilligsten, die Spitzweg malte. Der Wechsel von Farbe und Farbstruktur ist auffallend. Der Maler steht unter dem ständigen Wechsel von Farbeindrücken. Er berücksichtigt dabei stets die Mannigfaltigkeit der Gläubigen vor der Moschee.
«Das erst kürzlich aufgefundene Bild zeigt die neue Malweise Spitzwegs nach seiner Begegnung mit den französischen Orientmalern, vor allem Prosper Marilhat (1811 - 1847): eine hervorragend skizzierte Szene vor einer osmanischen Kulisse, die seine spontane Darstellungsweise offenbart. Vor dem farbigen Portal einer Moschee die Gruppierung von Gläubigen, von Spitzweg in raschem Duktus festgehalten. Die Farbmischungen von gelbweißen Ockertönen über Korallenrot sind zu vielfältigen Brauntönen verbunden, wobei links die Blauwerte noch einmal eine Steigerung beibehalten. Die Aufenthalte in Paris und London und die Kenntnis des orientalischen Lebens haben die einmaligen Studien und Skizzen im Einzelnen bestätigt.» (Zitiert aus dem Ausstellungskatalog: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Reisen und Wandern in Europa, Der Glückliche Winkel, Stuttgart 2002, S. 134.)
Prov.: Ehemals Otto Wilhelm Spitzweg, danach Richard Spitzweg, zuletzt süddeutscher Privatbesitz.
Lit.: Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg, Reisen und Wandern in Europa, Stuttgart 2002, S. 134, Nr. 59.
Lit.: Artdata, Thieme-Becker.